Ethik-Werkstatt - Volltexte im HTML-Format - kostenlos
-->Übersicht -->Alphabetische Liste aller Texte -->Info zu dieser Website -->Lexikon -->Startseite
Suboptimalität kollektiver Entscheidungsregeln
Die Auswirkung einer Bündelung von Entscheidungen
Einleitung
Die Veto-Regel
Beurteilung der Veto-Regel
Die Mehrheitsregel
Die Minimax-Regel
#Nutzensummen-Regel_be
Die Nutzensummenregel
Im Folgenden sollen verschiedene Verfahren der kollektiven Entscheidung daraufhin untersucht werden, ob und wie sich durch eine Zusammenfassung der einzelnen Entscheidungen zu "Entscheidungsbündeln", über die im Ganzen entschieden wird, die Resultate des Entscheidungsprozesses verändern.
Dabei wird angenommen, dass sich die einzelnen Individuen (im Folgenden symbolisiert durch große Buchstaben A, B, C etc.) bei der Abstimmung "rational" verhalten. Das heißt, dass jedes Individuum so abstimmt, dass das - für ihn oder sie - bestmögliche Ergebnis herauskommt.
Die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten, die dem Kollektiv offenstehen und zwischen denen eine Entscheidung getroffen werden soll, werden als "Alternativen" bezeichnet (im Folgenden symbolisiert durch kleine Buchstaben u, v, w, etc.).
Die im Modell 
angenommenen Bewertungen der Alternativen durch die einzelnen Individuen sind in 
der Form von "Präferenzen" (von lateinisch "praeferre" = "vorziehen") gegeben. 
Ein Individuum A hat dann eine Präferenz für die Alternative x gegenüber der 
Alternative y, wenn A die Alternative x gegenüber der Alternative y vorzieht. 
Die daraus sich ergebende Präferenzordnung schreibt man "A: x > y".
Bei 
den folgenden Untersuchungen wird aus Gründen der Einfachheit eine 
Gleichwertigkeit von Alternativen (x = y) ausgeschlossen. Es werden also nur 
Fälle mit "starken" Präferenzordnungen untersucht.
Die Präferenzordnungen mehrerer Individuen kann man am besten in Tabellenform darstellen. 
Dabei erhält jedes Individuum eine Spalte, in der die Alternativen entsprechend 
ihrer Bewertung durch das entsprechende Individuum - beginnend mit der individuell besten 
Alternative - untereinander geschrieben werden:
Tabelle 1a
Präferenzordnungen der Individuen A,B und C
	in Bezug auf die Alternativen x, y und z
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		|
| 
			 1. Rang  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 y  | 
		
| 
			 2. Rang  | 
			
			 y  | 
			
			 z  | 
			
			 z  | 
		
| 
			 3. Rang  | 
			
			 z  | 
			
			 y  | 
			
			 x  | 
		
Dabei wird angenommen, 
dass jedes Individuum die zur Entscheidung anstehenden Alternativen in eine eindeutige Rangfolge 
bringen kann. Dies wäre z. B. nicht 
der Fall, wenn gilt: A: x > y > z > x. Derartig zirkuläre individuelle Präferenzen 
sind also ausgeschlossen. Die Alternativen müssen von jedem Individuum 
"transitiv" geordnet werden. D. h. wenn gilt: x > y und y > z , dann muss auch 
gelten: x > z. 
Die Ergebnisse von paarweisen Vergleichen zwischen mehreren Alternativen lassen 
sich durch "Wahlmatrizen" wiedergeben. In jede Zelle wird das Ergebnis 
eingetragen, Für die Tabelle 1 ergibt sich die 
folgende Wahlmatrix:
Wahlmatrix zur Tabelle 1
| x | y | z | |
| x | --- | 2:1 | 2:1 | 
| y | 1:2 | --- | 2:1 | 
| z | 1:2 | 1:2 | --- | 
Tabelle 1b
Das fettgedruckte Ergebnis "1:2" unten links in der Tabelle bedeutet zum Beispiel: Beim Paarvergleich zwischen den zwei Alternativen z und x erhält z 1 Stimme und x erhält 2 Stimmen.
  
  Die Veto-Regel (Einstimmigkeits-Regel mit Status-quo-Klausel)
  
  Die Veto-Regel wird wie folgt definiert: 
"Eine Alternative x gilt dann als kollektiv gewählt, wenn x bei paarweisen Abstimmungen mit jeder der übrigen Alternativen in jedem Fall einstimmig (ohne Gegenstimme) gewählt wird. Erfüllt keine der Alternativen diese Bedingung, so gilt der Status quo (der bestehende Zustand) als kollektiv gewählt."
Angenommen, die 3 Individuen A, B und C wenden bei der kollektiven Entscheidung zwischen den 3 Alternativen x, y und z die Veto-Regel an. Ihre (fiktiven) Präferenzen in Bezug auf die Alternativen ergeben sich aus den individuellen Rangordnungen der folgenden Tabelle:
Präferenzordnungen 
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 z  | 
			
			 y  | 
		
| 
			 z  | 
			
			 y  | 
			
			 z  | 
		
Tabelle 2
Aus Tabelle 2 ist z. B. zu ersehen, dass die Wahl der Alternative z für Individuum A das schlechteste aller Ergebnisse ist.
Wenn jedes Individuum bei den paarweisen Abstimmungen zwischen den Alternativen jeweils für die von ihm bevorzugte Alternative stimmt, kommt es zu folgenden Ergebnissen:
Wahlmatrix zu Tabelle 2
| 
				 x  | 
				
				 y  | 
				
				 z  | 
			|
| 
				 x  | 
				
				 ---  | 
				
				 3:0  | 
				
				 3:0  | 
			
| 
				 y  | 
				
				 0:3  | 
				
				 ---  | 
				
				 2:1  | 
			
| 
				 z  | 
				
				 0:3  | 
				
				 1:2  | 
				
				 ---  | 
			
Tabelle 3
In diesem Fall gilt x als kollektiv gewählt gemäß der Veto-Regel, denn A, B und C stimmen sowohl bei der Abstimmung zwischen x und y als auch bei der Abstimmung zwischen x und z jeweils einstimmig, d. h. ohne Gegenstimme für x.
Angenommen, die Präferenzordnungen aus Tabelle 2 werden dahingehend geändert, dass Individuum B jetzt die Alternative z gegenüber der Alternative x vorzieht:
Präferenzordnungen
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 z  | 
			
			 x  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 x  | 
			
			 y  | 
		
| 
			 z  | 
			
			 y  | 
			
			 z  | 
		
Tabelle 4
Nun ergibt sich die folgende Wahlmatrix, vorausgesetzt, die Individuen stimmen 
"aufrichtig" für ihre Spitzenalternative:
Wahlmatrix zu Tabelle 4
| 
				 x  | 
				
				 y  | 
				
				 z  | 
			|
| 
				 x  | 
				
				 ---  | 
				
				 3:0  | 
				
				 2:1  | 
			
| 
				 y  | 
				
				 0:3  | 
				
				 ---  | 
				
				 2:1  | 
			
| 
				 z  | 
				
				 1:2  | 
				
				 1:2  | 
				
				 ---  | 
			
Tabelle 5
In diesem Fall gilt der Status quo als kollektiv gewählt, da keine der Alternativen ohne Gegenstimme geblieben ist. Der Status quo würde selbst dann beibehalten, wenn er für jeden der Beteiligten das schlechteste aller möglichen Resultate wäre, wie bei den Präferenzordnungen der folgenden Tabelle 6:
Präferenzordnungen unter Einbeziehung des Status quo
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 z  | 
			
			 x  | 
		
| 
			 z  | 
			
			 x  | 
			
			 y  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 y  | 
			
			 z  | 
		
| 
			 (sq)  | 
			
			 (sq)  | 
			
			 (sq)  | 
		
Tabelle 6
Dies für alle 
schlechteste Ergebnis in Gestalt des Status quo kann allerdings durch die Vereinbarung 
eines bestimmten Abstimmungsverhaltens verhindert werden, wobei mehrere 
Möglichkeiten bestehen (alle stimmen für x oder für z oder für y). 
Man könnte das suboptimale Ergebnis auch dadurch vermeiden, dass nur 
Paarvergleiche zwischen dem Status quo und irgendeiner anderen Alternative x, y, 
z durchgeführt werden. Allerdings hängt das Resultat dann von der Reihenfolge 
der Paarvergleiche ab. Wenn z. B. als erstes ein Vergleich des Status quo mit 
der Alternative z durchgeführt wird, bleibt es bei z. Wenn dagegen zuerst x mit 
dem Status quo nach der Veto-Regel verglichen wird, bleibt es bei dem Resultat 
x.  
 
Beurteilung der 
Veto-Regel
Die Veto-Regel benötigt für eine Entscheidung nur die 
individuellen Präferenzordnungen. Eine interpersonal 
vergleichbare Messung der individuellen Nutzen ist nicht erforderlich.
Dem Vorteil der einfachen Praktizierbarkeit der Regel stehen jedoch erhebliche 
  Einwände 
  gegenüber. Wie der Name "Veto-Regel" bereits deutlich macht, kann ein einziges 
Individuum jegliche Veränderung des Status quo blockieren. 
Auch in dem folgenden 
Fall würde der Status quo gewählt:
Präferenzordnungen
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
			
			 D  | 
			
			 E  | 
			
			 F  | 
			
			 G  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 x  | 
			
			 sq  | 
		
| 
			 sq  | 
			
			 sq  | 
			
			 sq  | 
			
			 sq  | 
			
			 sq  | 
			
			 sq  | 
			
			 x  | 
		
Tabelle 7
Die Interessen des Individuums G würden sich 
bei Anwendung der Veto-Regel gegen die Interessen 
aller andern Beteiligten durchsetzen.
  
  Außerdem kann es zu suboptimalen Ergebnissen 
kommen, wenn nicht strategisch zum eigenen Vorteil abgestimmt wird, sondern jedes Individuum 
jeweils 
für die von ihm bevorzugte Alternative stimmt. 
Suboptimalität einer Entscheidungsregel soll hier 
  bedeuten,  dass die Anwendung dieser Regel zur Wahl von Alternativen führen 
  kann, zu 
  denen es Alternativen gibt, die für alle Individuen besser sind. 
  
  Das Problem kann veranschaulicht werden anhand eines Beispiels mit 3 Individuen A, B und C , die 
zwischen den zwei Alternativen x und y zu entscheiden haben.
Über den Status quo (sq) wird nicht abgestimmt, aber er setzt sich durch, wenn 
es zu keiner Entscheidung zwischen x und y kommt. 
  
  	In diesem Beispiel und den folgenden werden die Alternativen durch 
unterschiedliche Mengen eines Gutes dargestellt.
  	Je nach der Alternative, die kollektiv 
  gewählt wird, bekommen die Individuen unterschiedlich 
viele naturale Einheiten eines Gutes 
  hinzugefügt oder weggenommen. 
Dabei wird angenommen, dass jedes 
  Individuum lieber mehr als weniger Einheiten dieses Gutes besitzen möchte. 
Dadurch lassen sich aus den Gütermengen, die den Alternativen entsprechen, die Präferenzen der Individuen 
in Bezug auf diese Alternativen ableiten.
In der folgenden Tabelle geben die Zahlen also die naturalen 
  Einheiten eines Gutes und nicht wie üblich irgendwelche Nutzeneinheiten 
an:  
Präferenzordnungen - Alternativen in Gütereinheiten
| 
				 A  | 
				
				 B  | 
				
				 C  | 
			|
| 
				 x  | 
				
				 2  | 
				
				 1  | 
				
				 2  | 
			
| 
				 y  | 
				
				 1  | 
				
				 2  | 
				
				 1  | 
			
Tabelle 8
  Aus der Tabelle 8 ist z. B. zu ersehen, dass Individuum B bei kollektiver Wahl 
von y mehr Gütereinheiten (2 Einheiten) bekommt als bei der Wahl von x (1 
Einheit). Individuum B zieht also y gegenüber x vor.
  Da im Status quo die Zahl der Gütereinheiten unverändert bleibt, hat die 
Beibehaltung des Status quo für jedes der 
Individuen den Wert Null (sq = 0). Individuum B zieht deshalb auch die 
Alternative x mit einer zusätzlichen Gütereinheit gegenüber sq vor, wie aus der folgenden Tabelle abzulesen ist.
Präferenzordnungen zu Tabelle 8
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 y  | 
			
			 x  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 x  | 
			
			 y  | 
		
| 
			 (sq)  | 
			
			 (sq)  | 
			
			 (sq)  | 
		
Tabelle 9
Bei einer Abstimmung zwischen x und y ergibt sich die folgende Wahlmatrix, vorausgesetzt die Individuen stimmen in jedem Fall für die von ihnen vorgezogene Alternative:
Wahlmatrix zu Tabelle 9
| 
			 x  | 
			
			 y  | 
		|
| 
			 x  | 
			
			 ---  | 
			
			 2:1  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 1:2  | 
			
			 ---  | 
		
Tabelle 10
  Da keine Alternative ohne Gegenstimme bleibt, wird nach der Veto-Regel in diesem Fall der Status quo 
(sq) 
  gewählt, obwohl sowohl x als auch y gegenüber dem Status quo pareto-überlegen sind. 
	
	Dies suboptimale Ergebnis hätte vermieden werden können, wenn Individuum B für 
	die Alternative x 
	anstelle der eigentlich bevorzugten Alternative y gestimmt hätte.
	Die Veto-Regel kann auch bei Serien voneinander unabhängiger Entscheidungen 
zu suboptimalen Ergebnissen führen. 
Im 
  folgenden Beispiel treffen die 3 Individuen A, B und C  2 Entscheidungen zwischen jeweils 2 Alternativen (sq und x sowie 
  sq und y).
Präferenzordnungen -
Alternativen in Gütereinheiten
Entscheidung 1                                         
Entscheidung 2
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
			
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		|||
| 
			 sq  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 sq  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		|
| 
			 x  | 
			
			 1  | 
			
			 -1  | 
			
			 2  | 
			
			 y  | 
			
			 1  | 
			
			 2  | 
			
			 -1  | 
		
Tabelle 11
Eine Abstimmung zwischen sq und x führt in Entscheidung 1 zum Ergebnis 1:2. Da 
es keine Alternative ohne Gegenstimme gibt, gilt sq (der Status quo) als kollektiv 
gewählt.
Eine Abstimmung zwischen sq und y führt in Entscheidung 2 ebenfalls zum Ergebnis 
1:2. Da es keine Alternative ohne Gegenstimme gibt, gilt auch hier der Status 
quo als kollektiv gewählt.
  
  Wie jedoch die folgende Tabelle 12 zeigt, wäre eine Bündel x/y aus den Alternativen x 
  und y dem Status quo pareto-überlegen. (Anmerkung: Dabei werden hier wie im 
Folgenden Nutzeninterdependenzen zwischen den Alternativen ausgeschlossen.)
Präferenzordnungen - Alternativenbündel in Gütereinheiten
| 
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		|
| 
			 sq/sq  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 x/y  | 
			
			 2  | 
			
			 1  | 
			
			 1  | 
		
Tabelle 12
Die Veto-Regel ist also "bündelungs-empfindlich", d. h. dass sich die Ergebnisse ändern können je nachdem, wie die Einzelentscheidungen gebündelt werden.
Die
Mehrheitsregel besagt: "Es gilt diejenige Alternative als kollektiv gewählt, die im paarweisen Vergleich mit jeder anderen Alternative jeweils 
  von einer Mehrheit vorgezogen wird."  
  
  Die Mehrheitsregel stellt an die Interessenbestimmung  
ebenfalls 
  relativ geringe Anforderungen. Auch bei ihr ist keine interpersonal 
  vergleichbare Gewichtung der Interessen erforderlich. Es muss beim paarweisen 
  Vergleich aller Alternativen nur festgestellt werden, welche der beiden 
  Alternativen dem Interesse eines Individuums mehr entspricht. Gewählt 
  ist dann diejenige Alternative, die im paarweisen Vergleich eine Mehrheit 
gegenüber jeder anderen Alternative erhält. Dies ist die sogenannte "Mehrheitsalternative". 
  
  Ein Problem der Mehrheitsregel besteht darin, dass nicht immer eine 
  Mehrheitsalternative existiert. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Paarvergleiche zirkulär 
  verlaufen (x > y > z > x). Somit garantiert die Anwendung der Mehrheitsregel noch kein Ergebnis. Auch 
	wenn beim Paarvergleich Stimmengleichheit auftritt, bedarf es eines zusätzlichen Entscheidungskriteriums.
  
  
  Außerdem kann auch bei Anwendung der Mehrheitsregel auf eine Serie unabhängiger 
  Entscheidungen Suboptimalität der Ergebnisse eintreten. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Angenommen es handelt sich um die 3 Individuen A, B und C, 
  die nacheinander 3 Entscheidungen zwischen jeweils 2 Alternativen x und y, r 
  und s sowie v und w zu treffen haben. Den Alternativen entsprechen folgende fiktive 
  Stückzahlen eines Gutes:
Werte der Alternativen für die Individuen in naturalen Gütereinheiten
| 
			 Entscheidung 1  | 
			
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 -1  | 
			
			 3  | 
			
			 -1  | 
		
| 
			 Entscheidung 2  | 
			|||
| 
			 r  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 s  | 
			
			 3  | 
			
			 -1  | 
			
			 -1  | 
		
| 
			 Entscheidung 3  | 
			|||
| 
			 v  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 w  | 
			
			 -1  | 
			
			 -1  | 
			
			 3  | 
		
Tabelle 13
Aus Tabelle 13 ist z.B. ersichtlich, dass die Alternative w für das 
	Individuum C einen Wert von 3 zusätzlichen Gütereinheiten besitzt. Da die 
	Alternative v für C zu keiner Veränderung der Gütermenge führt, zieht C die 
	Alternative w gegenüber v vor.
	
	Wie aus Tabelle 13 ersichtlich ist, würden bei isolierten Entscheidungen 
	nach der Mehrheitsregel die Alternativen x, r und v gewählt:  
  
  Wie aus der folgenden Tabelle 14 jedoch ersichtlich ist, ist das Alternativenbündel 
  y/s/w dem Alternativenbündel x/r/v pareto-überlegen, d. h. y/s/w ist für jedes 
	der 
	Individuen besser als x/r/v:
 
Entscheidung zwischen Alternativenbündeln
 Alternativenbündel in Gütereinheiten
| 
				 A  | 
				
				 B  | 
				
				 C  | 
			|
| 
				 x/r/v  | 
				
				 0  | 
				
				 0  | 
				
				 0  | 
			
| 
				 y/s/w  | 
				
				 1  | 
				
				 1  | 
				
				 1  | 
			
Tabelle 14
	Derart suboptimale Ergebnisse stellen sich bei Anwendung 
  der Mehrheitsregel auf Serien unabhängiger Entscheidungen immer dann ein, wenn 
  sich die Individuen bei den für sie wichtigen Entscheidungen in der Minderheit 
  befinden und bei den für sie weniger wichtigen Entscheidungen der Mehrheit 
  angehören.
  
  Man kann das Problem natürlich dadurch mildern, dass man die Mehrheitsregel 
  von vornherein auf umfassende Bündel von Alternativen anwendet. Aber letztlich 
  lässt sich nicht der gesamte Entscheidungsbedarf in einer einzigen allumfassende Gesamtfrage 
  komprimieren. Diese wäre in ihrer Komplexität auch nicht zu bewältigen. Es 
  bleiben deshalb voneinander zeitlich und sachlich unabhängige Einzelfragen 
  oder Teilkomplexe, die 
  auch als solche zu entscheiden sind. Damit ist das aufgezeigte Problem der 
	möglichen Suboptimalität von Entscheidungsserien bei Anwendung der 
	Mehrheitsregel unvermeidlich.
  
  Die Minimax-Regel besagt: "Es gilt diejenige Alternative als kollektiv gewählt, die im paarweisen Vergleich mit jeder anderen Alternative dem Interesse des jeweils 
  am stärksten betroffenen Individuums entspricht."  
  
  Diese Regel konzentriert sich auf das jeweils am stärkste betroffene 
	Individuum und wählt diejenige Alternative aus, bei der der Nachteil bzw. 
	der entgangene Vorteil irgendeines Individuums vergleichsweise am geringsten 
	ist. Wie stark ein Individuum von einer Entscheidung betroffen ist, ergibt 
	sich aus der Nutzendifferenz zwischen der für das betreffende Individuum 
	besten und schlechtesten Alternative.
	
	Die Minimax-Regel minimiert den maximalen Nachteil, den eines der 
	beteiligten Individuen durch die kollektive Entscheidung erleiden kann.
	
	Die Anwendung dieser Regel erfordert 
  eine interpersonal vergleichbare quantitative Nutzenmessung bzw. 
	Interessenbestimmung, denn es müssen die möglichen Nachteile bzw. entgangenen Vorteile verschiedener 
  Individuen miteinander verglichen werden. 
  
  Bei 
  Anwendung der Minimax-Regel auf Serien von einzelnen Entscheidungen kann es zu suboptimalen 
	Ergebnissen kommen. Dazu ein Beispiel mit 3 Individuen A, B 
  und C, die 3 Entscheidungen zwischen jeweils zwei Alternativen (x und y, r und 
	s, v und w) zu treffen haben:
	 Werte der
	Alternativen in naturalen Gütereinheiten
 
| 
			 Entscheidung 1  | 
			
			 A  | 
			
			 B  | 
			
			 C  | 
		
| 
			 x  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 y  | 
			
			 2  | 
			
			 2  | 
			
			 -3  | 
		
| 
			 Entscheidung 2  | 
			|||
| 
			 r  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 s  | 
			
			 2  | 
			
			 -3  | 
			
			 2  | 
		
| 
			 Entscheidung 3  | 
			|||
| 
			 v  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
			
			 0  | 
		
| 
			 w  | 
			
			 -3  | 
			
			 2  | 
			
			 2  | 
		
Tabelle 15
    Wie aus der Tabelle 15 ersichtlich ist, würden bei isolierten Entscheidungen nach 
  der Minimax-Regel die Alternativen x, r und v gewählt. 
  
  Die folgende Tabelle 16 zeigt jedoch, dass zum Alternativenbündel x/r/v ein pareto-überlegenes Alternativenbündel in Form 
	von y/s/w existiert:  
Entscheidung zwischen 2 Alternativenbündeln
Werte der
Alternativenbündel in Gütereinheiten
| 
				 A  | 
				
				 B  | 
				
				 C  | 
			|
| 
				 x/r/v  | 
				
				 0  | 
				
				 0  | 
				
				 0  | 
			
| 
				 y/s/w  | 
				
				 1  | 
				
				 1  | 
				
				 1  | 
			
Tabelle 16
Die Minimax-Regel kann also bei der Anwendung auf Serien von Entscheidungen zu suboptimalen Ergebnissen führen. Dieser Fall tritt vor allem dann ein, wenn die Interessen des am stärksten betroffenen Individuums in eine andere Richtung weisen als die der übrigen Individuen und wenn jedes Individuum einmal in die Rolle des am stärksten Betroffenen kommt.
Die
Nutzensummen-Regel besagt: "Diejenige Alternative gilt als kollektiv gewählt, die im paarweisen Vergleich mit jeder anderen Alternative bei einer Gewichtung und 
  Aufsummierung der Vor- und Nachteile aller Individuen jeweils den größeren 
  Gesamtnutzen besitzt."   Hier 
ist ebenfalls eine interpersonal vergleichbare quantitative Nutzenmessung bzw. Interessenbestimmung 
erforderlich. 
Im Unterschied zur Mehrheits- und zur Minimax-Regel kann die 
Anwendung der Nutzensummen-Regel nicht zu zirkulären Ergebnissen führen. Möglich 
ist aber die Gleichwertigkeit verschiedener Alternativen, so dass ein zusätzliches 
 Entscheidungskriterium erforderlich ist. 
Die Nutzensummen-Regel kann auch bei der Anwendung auf Entscheidungsserien nicht 
zu suboptimalen Ergebnissen führen. 
Zu einem schrittweise gewählten Alternativenbündel 
x kann es kein pareto-überlegenes Bündel y geben. 
Der Beweis 
hierfür lässt sich folgendermaßen führen:
(1)  
Wenn die Nutzensummen-Regel angewandt wird, wird bei jeder Entscheidung diejenige 
Alternative gewählt, deren Nutzensumme am größten ist. 
(2)   Bei Additivität der 
Nutzen ist dann auch das aus einer Serie von Entscheidungen resultierende 
Alternativenbündel x dasjenige, dessen Nutzensumme von allen Bündeln am größten 
ist. 
 
(3)   Damit ein anderes Bündel y gegenüber x pareto-überlegen ist und für 
jedes Individuum einen größeren Nutzen hat, müsste aber auch seine Nutzensumme 
größer sein als die von x. 
Folglich kann die Anwendung der Nutzensummen-Regel auf 
Entscheidungsserien nicht zu suboptimalen Resultaten führen.
 
***
zum Anfang
Alphabetische Liste aller Texte
Übersicht
Ethik-Werkstatt: Ende der Seite "Suboptimalität kollektiver Entscheidungsregeln
Letzte Bearbeitung 17.04.2008 / Eberhard Wesche
Wer diese Website interessant findet, den bitte ich, auch Freunde, Kollegen und Bekannte auf die "Ethik-Werkstatt" hinzuweisen.